3D1. Keimblatt und Naturell
1. Embryonales Stadium
In den ersten Stunden nach der Befruchtung des menschlichen Eies entsteht ein Zellhaufen. Kurz darauf, am 2. oder 3. Tag formt sich der Zellhaufen zu einer Kugel (Blastula; kleine Blase) und danach zu einer Hohlkugel (Gastrula; kleiner Hohlraum).
Die Wand der Hohlkugel besteht zunächst aus einer äusseren und einer inneren Zellschicht und bald bildet sich dazwischen eine mittlere Zellschicht.
Im Inneren des Hohlraumes befindet sich eine Flüssigkeit.
- Aus der äusseren Zellschicht mit der Bezeichnung Ectoderm ("äussere Haut") bilden sich die Haut und das Nervensystem.
- Aus der inneren Zellschicht mit der Bezeichnung "Entoderm" ("innere Haut") bilden sich der Darm und die inneren Organe.
- Aus der mittleren Zellschicht mit der Bezeichnung "Mesoderm" (mittlere Haut) entstehenden die muskelbildenden Gewebe, das Herz und die blutbildenden Gewebe, z.B. die Milz.
Anmerkungen
1. Für weitere Hintergrund-Information siehe Siegfried Kupfer / Paul Schärer: Grundlagen der Menschenkenntnis, Band I.
2. Bei Tieren, die aus einer Eizelle entstehen, verlaufen die Prozesse in genau gleicher Weise, z.B. Frosch, Pferd, Menschenaffe. Bei Tieren entwickeln sich die Keimblätter bei jedem Tier-Individuum nahezu gleich stark. Es sind kaum individuelle Unterschiede erkennbar.
3. Link zu einem empfehlenswerten Fachartikel über die Gastrulation, leider nur auf Englisch verfügbar: https://en.wikipedia.org/wiki/Gastrulation
3. Huter legt seine Erkenntnis über den Zusammenhang zwischen Keimblättern und Naturellen nur an wenigen Stellen dar:
a. Die Huter'sche Physiognomik und ihre Beziehungen zur Krankenbehandlung vom rationell-wissenschaftlichen Standpunkte aus. Von G. Reinhard, prakt. Arzt in Bremen. Erschienen in der Zeitschrift "Hochwart", Heft 9, Juni, 1. Jahrgang 1899 / 1900.
b. Carl Huter: Welt- und Menschenkenntnis, IV. Lehrbrief, 3. Lektion, 1905;
c. Freunde der Huterschen Wissenschaft: Aus eigener Kraft, 1911. XIV. Teil: Die wichtigsten Entdeckungen von Carl Huter. Siehe 3D3: Unterrichtsstunde und Entdeckungsgeschichte
d. Carl Huter: Illustriertes Handbuch der Menschenkenntnis, 1911. XIV. Teil: Carl Huters Naturelltypenlehre.
Bestimmt hat Huter diesen Zusammenhang auch in seinen Monatskursen dargelegt. In seiner Zeitschrift "Hochwart" und insbesondere in den Vortragsberichten findet keine Erwähnung dieses Zusammenhangs.
2. Individuell unterschiedliche Entwicklung der Keimblätter
Nur beim Menschen entwickeln sich die drei Keimblätter in individuell unterschiedlicher Weise.
- Die bevorzugte Entwicklung des inneren Keimblattes führt zur Bildung des Ernährungs-Naturells
- Die bevorzugte Entwicklung des äusseren Keimblattes führt zur Bildung des Empfindungs-Naturells
- Die bevorzugte Entwicklung des mittleren Keimblattes führt zur Bildung des Bewegung-Naturells
- Die gleichmässige Entwicklung aller 3 Keimblätter führt zur Bildung des harmonischen Naturells.
3. Medizinhistorisches
3.1 Wikipedia-Artikel "Keimblatt":
Zitat Anfang:
- Erste Grundzüge einer Keimblättertheorie formulierte Caspar Friedrich Wolff 1768 in einer Abhandlung über die Entwicklung des Darmkanals in bebrüteten Hühnchen.
- Im Jahr 1817 stellte Christian Pander und 1827 Karl Ernst von Baer Keimblättertheorien auf.
Zitat Ende.
Anmerkung der Carl-Huter-Stiftung: Robert Remak, siehe unten, wird in diesem Wikipedia-Artikel leider nicht genannt.
3.2 Wikipedia-Artikel "Robert Remak"
Zitat Anfang:
- Robert Remak (* 26. Juli 1815 in Posen; † 29. August 1865 in Kissingen) war ein deutscher Arzt, Embryologe und Neurophysiologe sowie Deutschlands erster jüdischer Privatdozent.
- Er befasste sich wegweisend mit Histologie, war einer der Begründer der Elektromedizin und identifizierte den Erbgrind als Pilzinfektion.
- Er erkannte, dass das Froschei eine Zelle ist und sich durch Zellteilungen entwickelt.
- Außerdem entdeckte er den Achsenzylinder (Axon) markhaltiger Nerven sowie die marklosen Nerven.
- In der Embryologie ergänzte er die bis dahin bekannten zwei Keimblätter um ein drittes.
Zitat Ende.
3.3 Karl Ernst von Baer (1792-1876)
Wikipedia beschreibt seine Forschungsleistungen wie folgt:
Zitat Anfang:
Zu den Leistungen von Baers, der sich in den ersten Jahren seiner Laufbahn überwiegend der Embryologie widmete, gehören
- die Entdeckung der menschlichen Eizelle im Jahre 1827;
- die Begründung der vergleichenden und menschlichen Embryologie auf Grundlage des Keimblattkonzeptes;
- die Erstbenennung der Spermatozoen
- die Erkenntnis der Chorda dorsalis als eines grundlegenden, homologisierbaren Merkmals aller Wirbeltiere und
- eine systematische Kritik an der Rekapitulationsthese.
Zitat Ende.
3.4 Schlussbemerkungen
- Die drei Körperbausysteme wurden somit bereits Jahrzehnte vor Huter entdeckt.
- Die Beobachtung des Knaben Carl Huter in den Jahren 1866 bis 1868, wonach sich Menschen hinsichtlich Körperbau und Charakter kategorisieren lassen in
a. Ernährung / Ruhe;
b. Bewegung / Tatkraft und Empfindung;
c. seelische und geistige Anteilnahme
beruht auf der Tatsache, dass sich die Keimblätter bei uns Menschen in einer sehr unterschiedlichen Weise entwickeln. Bei anderen höheren Lebewesen gibt es vermutlich auch eine individuell unterschiedliche Entwicklung. Aber sie ist gering, nicht ohne weiteres feststellbar. - Huter hat nirgends mitgeteilt, wann er Kenntnis von der Keimblatt-Lehre erhielt. Vermutlich hat er die Keimblattlehre bei seinen naturwissenschaftlichen Studien kennen gelernt, und zwar im Jahre 1882 in Leipzig. Es ist anzunehmen, dass er sogleich erkannte, dass seine Körperbau-Typen damit zu erklären sind, dass sich die Keimblätter individuell unterschiedlich entwickeln.
- Huter nennt die Erforscher der Keimblätter im V. Lehrbrief, dritte Lektion, ganz kurz: "Schon Wolff, dann Döllinger und Pander haben diese Schichtung der Keimblätter richtig erkannt, aber erst Ernst von Baer, der Entdecker des Eies der Säugetiere und des Menschen und die nachfolgenden Forscher haben volle Sicherheit über diese Embryolehre gebracht."
- Es gibt weitere Forscher, die im Bereich der Embryologie wichtige Erkenntnisse gewonnen haben, z.B. Albert Kölliker (1817-1905), Professor an der Universität Würzburg, geboren und aufgewachsen in Zürich. Er wird von Huter in seinem Hauptwerk mehrfach genannt.
- Im 20. Jahrhundert sind mehrere Körperbau-Typenlehren entwickelt worden und waren zweitweise sehr populär. Nähere Erläuterungen findet man im Artikel von Willi Schmidt, Nürnberg: Die moderne Keimblattlehre und das Werk Carl Huters. Erschienen in der Zeitschrift "Der gute Menschenkenner", Heft 27, Dezember 1955.
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Diese Seite wurde im Jahre 2019 erstmals veröffentlicht. Sie wird regelmässig überprüft. Die letzte Änderung erfolgte am 13. Juni 2024.
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