Carl-Huter-Stiftung

Welt- und Menschenkenntnis nach Carl Huter

4B. Frau: Blick auf einzelne Lebensbereiche

Fettdruck durch die Carl-Huter-Stiftung

1. Die Frau als Staatsbürgerin
"Der Gebildete auf der Höhe", 1903

  • "Ich hege grosses Vertrauen zu unserer modernen Frauenwelt; trotz vieler verkehrter Erziehungssitten geht ein frischer, idealer Zug durch unsere Frauenbewegungen, etwas Berechtigtes; ich selbst habe erfahren, dass gerade die Frauen die Trägerinnen meiner neuen Lehren geworden sind, dass sie dem Guten viel leichter zugänglich waren als die Männer und dass sie auch viel mehr festhielten an den einmal erkannten Wahrheiten."
  • "Bei Männern fand ich weit mehr Stumpfsinn, Unempfänglichkeit, Mangel an Ausdauer, oft auch Neid und Streitsucht. Was ich hier im kleinen erfahren habe, glaube ich, würde sich auch im grossen abspielen, in der inneren und äusseren Politik. Ich behaupte daher, so lange die Frau vom politischen Wahlrecht ausgeschlossen ist, wird es nur sehr schwer mit der Kulturentwickelung vorwärtsgehen, werden Kriege weit leichter entstehen und werden Gesetze viel zu hart, einseitige Interessen wahrnehmend, von der Männerwelt ausgeheckt werden."
  • "Die Frau muss gleichberechtigte Staatsbürgerin mit freiem Wahlrecht werden; Frauen müssen auch im Reichstage sitzen, im Abgeordnetenhause mitberaten und in der Regierung und Justiz, zu gleicher Zahl mit den Männern vereinigt, Recht sprechen und Wohl und Wehe des Volkes leiten dürfen."
  • "In der inneren wie äusseren Politik, in der Krankenpflege, als Ärztin ebenso wie in der Verwaltung muss die Frau wirksam tätig sein können, dann glaube ich, wird Kunst, Wissenschaft, Frieden und Kulturfortschritt frischer und besser vorwärts kommen als jetzt; denn Männer und Frauen gehören von Natur aus überall im Leben ergänzend zusammen."

2. Die Frau als Erwerbsperson
"Der Gebildete auf der Höhe", 1903

  • "Wie dem Manne alle Wege offenstehen im Erwerbsleben, so sollten dieselben Rechte auch den Frauen eingeräumt sein. Eine Frau müsste jedes Geschäft führen dürfen, wozu sie Talent und Geschick hat, auch sollte sie zu jedem Berufe zugelassen werden. Es liegt gar kein Grund vor, den Frauen alle Erwerbsquellen zu sperren."

  • "Die Frau als Mutter, als Witwe hat das erste Recht zum Erwerb."

  • "Aber auch jede junge Frau sollte im praktischen Erwerb ihre Kraft erproben, ehe sie ans Heiraten denken darf. Mindestens drei Jahre, vom 17. bis 20. Lebensjahre, sollte jede junge Frau sich irgend einem praktischen Berufe widmen und alle Kräfte darauf konzentrieren, daneben könnte sie sich auf Fortbildungsschulen in Künsten und Wissenschaften fortbilden und durch Turn- und Gesangvereine eine harmonische Körper- und Geistesbildung pflegen."

  • "Auch Frauen, die studieren wollen, sollten bis zum 20. Lebensjahre eine tüchtige, praktische körperliche Tätigkeit verrichten und erst dann zum Studium greifen, wenn sie diese Jahre hinter sich haben."

    Anmerkung zur Lohngleichheit von Mann und Frau:
    Carl Huter schreibt in der Schrift "Die neue Ethik", dass sich der Lohn nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage richten soll und der Gewinn eines Unternehmens zur Hälfte den Arbeitnehmern (inkl. Direktion) und nur zur anderen Hälfte den Eigentümern, z.B. Aktionären, zufallen soll. Carl Huter hat nichts darüber geschrieben
    a. wie der Anteil es einzelnen Arbeitnehmers bemessen wird
    b. es gerecht ist, wenn der Arbeitgeber den Lohn nach dem Geschlecht abstuft. Zu dieser Frage hätte Huter wohl geantwortet:
    Was ergibt sich daraus in Bezug auf die Entlöhnung der Frau?
    ba. Grundsätzlich muss die Frau resp. ihre Berufsorganisation selbst dafür besorgt sein, dass sie einen gerechten, angemessenen Lohn erhält. Man vgl. mit der obigen Aussage über "Angebot und Nachfrage".
    bb. Wo der Lohn aber nach einem Schema bemessen wird, z.B. bei staatlichen Stellen, soll der Lohn unabhängig vom Geschlecht sein. - Kommentar: Soweit keine staatlichen Vorschriften bestehen in Bezug auf das Geschlecht, etc. entscheidet die zuständigen staatlichen Stellen mehr oder weniger autonom, ob sie eine bestimmte Stelle mit einer weiblichen oder einem männlichen Bewerber besetzen.

3. Begegnung von Mann und Frau; Zugang zu allen Schulen und Hochschulen
"Der Gebildete auf der Höhe", 1903

  • "Auch im öffentlichen Leben spielt die Frau in der Gesellschaft eine wichtige Rolle, durch sie wird jede Gesellschaft erst malerisch belebt. Die einseitigen Männer- und einseitigen Frauengesellschaften führen zu Entartungen, auf der einen Seite zu Spiel und Trunk, auf der andern Seite zu Verleumdung, Klatsch und seichten, langweiligen Reden und spleenhaften Ideen. Männer und Frauen gehören in der Gesellschaft zusammen und haben den edlen Ton zu wahren, den beide Geschlechter sich gegenseitig schuldig sind."
  • "Alle kriecherischen Höflichkeitsphrasen sollten die Männer den Frauen gegenüber beiseite lassen, und auch die Frauen sollten selbstbewusster in der Gesellschaft von Männern auftreten, als es meist geschieht. Gerader, natürlicher, würdiger sollten sich Männer und Frauen in der Gesellschaft geben, das wäre ein schönerer Ton wie der heutige herrschende, der auf beiden Seiten zu viel Höflichkeit, Heuchelei und Verstellung enthält.
  • "Mehr wie Freunde sollten sich in der öffentlichen Gesellschaft Männer und Frauen zu einander stellen, das ist aber nur möglich, wenn die Frauen in der Bildung den Männern gleichstehen. Daher die Schulen und Hochschulen auf für unsere Mädchen und Frauen!"

    Anmerkung:
    Die Gleichstellung der Frau in Bezug auf Schule und Hochschule (d.h. Bildung), Beruf und die Mitwirkung in den 3 staatlichen Gewalten hat aber tiefere Gründe. Das war Huter sicher bewusst und vermutlich in folgender Weise:
    a. Die Frau hat ebenso wie der Mann, den Drang, sich zu betätigen und zu bewähren.
    b. Viele Frauen verbringen einen grossen Teil ihres Lebens mit einer beruflichen Tätigkeit.
    c
    . Die Frau hat dasselbe Interesse wie der Mann, in staatlichen Belangen mitzuarbeiten. Und sie ist von staatlichen Entscheiden, vom staatlichen Handeln in gleicher Weise betroffen wie der Mann.

4. Die Frau als Gattin - Partnerschaft mit einem Mann
"Der Gebildete auf der Höhe", 1903

  • "Die Frau als Gattin bedeutet noch etwas mehr, als die Freundin des Mannes sein; wenn schon der Begriff der Freundschaft eine Gleichstellung voraussetzt, so ist dieses bei dem Begriff Gatte und Gattin erst recht selbstverständlich."
  • "Nur die innigste Liebe soll erst heilig genug sein, Mann und Weib näher zu bringen und sie zu Gatten zu machen. Solches Verhältnis bedingt aber grosse
    a. Seelenverwandtschaft,
    b. Ähnlichkeit und Gleichheit der Bildung."

  • "Es ist daher eine Rohheit und Dummheit zugleich, wenn Männer in der Frau nur das Wesen*) sehen zur Befriedigung ihrer sinnlichen Triebe, statt eine auf gleicher Stufe der Bildung stehende Gattin."
    *) Formulierung in der 3. Auflage, 1959; in der Erstauflage: "... nur ein Möbel sehen zur Befriedigung ...".
  • "Die Männer sollten mit allen Kräften daran arbeiten, den Frauen den Weg zu allen öffentlichen Bildungsanstalten zu ebnen, um gebildete Gattinnen zu bekommen, die ihnen eine ideale Ehegemeinschaft bringen können."


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